In Uruguay ist jedes zweite Bier ein Importbier

Der Anteil von Importbier hat sich in 10 Jahren verfünffacht

Der Biermarkt in Uruguay hat sich in den letzten Jahren deutlich verändert: Importiertes Bier machte 2024 erstmals 48,3 % des gesamten Konsums aus. Das entspricht nahezu jedem zweiten Bier, das im Land getrunken wurde. Laut aktuellen Zahlen der Steuerbehörde DGI wurden 475.000 Hektoliter Bier importiert – ein Anstieg von 16,7 % im Vergleich zu 2023 und der höchste Wert seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1997.

Im Gegensatz dazu sank die inländische Produktion auf 508.000 Hektoliter – ein Tiefstand, wie er seit über 20 Jahren nicht mehr erreicht wurde. Ursache dafür ist der Wandel in den Konsumgewohnheiten: Immer mehr Verbraucher greifen zu günstigen, nicht rückgabepflichtigen Dosen und kleinen Flaschen – Verpackungsformate, die vorwiegend aus dem Ausland stammen.

Laut Gustavo Rodríguez, Direktor von ID Retail, sind diese Einzelportionen leichter zu transportieren und finden zunehmend ihren Weg in Verkaufsstellen, die bisher keinen Alkohol im Sortiment führten.

Der Druck auf die lokale Brauindustrie ist erheblich. Fábricas Nacionales de Cerveza (FNC), Uruguays führender Bierproduzent und Teil von AmBev (einer Tochter von AB InBev), hat kürzlich seine Anlage in Minas geschlossen – aufgrund einer Auslastung von nur noch rund 50 %. In der Brauerei wurden unter anderem Literflaschen der bekannten Marke Patricia abgefüllt, zudem gab es dort eine Dosenlinie. Die Produktion wurde nun vollständig in die Hauptstadt Montevideo verlagert.

Diese Entscheidung führte im vergangenen Jahr zu einem Streik der Föderation der Getränke-Arbeiter und Angestellten (FOEB). FOEB-Präsident Fernando Ferreira sprach von einem „Angriff“ durch ausländische Interessen und warnte vor möglichen Lieferengpässen, sollten Verhandlungen mit Regierung und Unternehmen scheitern.

Die langfristige Entwicklung zeigt eine klare Tendenz: Im Jahr 2014 stammten nur 10 % des konsumierten Biers aus dem Ausland. 2019 waren es bereits 30 %. Heute liegt der Anteil bei nahezu der Hälfte – ein Zeichen für einen strukturellen Wandel in Konsumverhalten und Marktstruktur.

Auch der übrige Getränkemarkt zeigte gemischte Entwicklungen. Der Konsum von abgefülltem Wasser ging nach einem außergewöhnlichen Anstieg im Jahr 2023 infolge von Problemen mit der öffentlichen Wasserversorgung um 20 % auf 3,9 Millionen Hektoliter zurück – liegt damit aber noch über dem Niveau von 2022. Der Absatz von Limonaden und Colagetränken stieg leicht um 1,6 % und beendete damit einen fünfjährigen Abwärtstrend.

Uruguay gilt als eines der politisch und wirtschaftlich stabilsten Länder Südamerikas. Doch regionale Entwicklungen – etwa die Wirtschaftskrise in Argentinien und die starke brasilianische Währung – machen günstige Importe aus Nachbarländern attraktiver. Besonders der Biermarkt ist davon betroffen: Der hohe Marktanteil von Billigimporten ist Ausdruck dieser makroökonomischen Dynamik und bringt zusätzlichen Druck auf die heimischen Produzenten.

FNC S.A - Patricia
4,80% vol.
3,3

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